Anhörung im Landtag Nordrhein-Westfalen
zum „Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Lehramtszugangsverordnung“

 (Vorlage 17/5010, Drucksache 17/13366) am 11. Mai 2021

Stellungnahme der DVPB NW e.V. durch Prof. Dr. Bettina Zurstrassen (Vorsitzende)

 

  1. Demokratisch falsches Signal an die Zivilgesellschaft – weitere Marginalisierung politisch-gesellschaftlicher Bildung

Das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen hat zum Schuljahr 2019/20 einen neuen Lehrplan für das Unterrichtsfach „Wirtschaft-Politik“ (bis dahin: „Politik-Wirtschaft“) eingeführt. Diese sehen eine stärkere Verankerung ökonomischer Lerninhalte vor. Mit Verweis auf die Lehrpläne fordert das Ministerium für Schule und Bildung eine Umbenennung der Studienfächer und greift damit in die Autonomie der Hochschulen ein.

Aus demokratischer Perspektive erachten wir die Umbenennung als ein falsches Signal an die Zivilgesellschaft. Dem ohnehin stark ausgeprägten Misstrauen in weiten Teilen der Bevölkerung hinsichtlich der Umsetzung der Demokratie und der gesellschaftlichen Gestaltungsmacht politischer Institutionen (Statistisches Bundesamt u.a. 2021, S. 388) wird symbolisch nichts entgegengesetzt. Ganz im Gegenteil, der Politik, also der Demokratie wird eine nachrangige Bedeutung gegenüber der Wirtschaft zugewiesen.

Im 16. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung wird ausgeführt: „Demokratie verlangt mehr politische Bildung“ (BFSFJ 2020, S. 7). Die Bundesregierung spricht von einer ständigen Verpflichtung, die Bedeutung und Verantwortung der politischen Bildung angemessen zu würdigen und zu fördern (BFSFJ 2020, S. 7). Auch die CDU NRW hat in ihrem Regierungsprogramm 2017 angekündigt sich dafür einzusetzen, dass in allen Schulformen verstärkt über unseren Staatsaufbau, die Grundwerte und Rechte in unserer Demokratie aufgeklärt werden soll (S. 54).

Sowohl in den Lehrplänen als auch in der Lehramtszugangsverordnung findet jedoch keine Stärkung der politischen Bildung statt. Die zusätzliche Unterrichtsstunde im Unterrichtsfach „Wirtschaft-Politik“ muss für ökonomische Bildungsinhalte verwendet werden. In einer gesamtperspektivischen Betrachtung erfährt die politische Bildung in Studium und Schule dadurch nicht eine Stärkung, sondern eine weitere Marginalisierung.

Kennzeichnend hierfür ist auch die öffentliche Rhetorik und Wahrnehmung, denn es wird in Medien und teilweise auch von Mitarbeiter*innen im Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen oft vom „Schulfach  ‚Wirtschaft‘ gesprochen.

Empfehlung: Die sozialwissenschaftlichen Fachdidaktiker*innen in Nordrhein-Westfalen haben in einer Stellungnahme als Kompromiss die Fachbezeichnung „Politik, Wirtschaft, Gesellschaft“ „Sozialwissenschaften“ vorgeschlagen, wodurch alle drei Bezugsdisziplinen benannt und der integrative Charakter des Lernbereichs verdeutlicht würden.

 

  1. Finanzierung an den Hochschulen ungeklärt, Bereitschaft der WiWi-Fakultäten, sinkende Ausbildungsqualität hinsichtlich politischer Bildungskompetenz

Es wird im Kommentar zum überarbeiteten Entwurf angekündigt, dass im Rahmen von  Akkreditierungsverfahren überprüft werden soll, ob die Hochschulen den ökonomischen Anteil in den Studienordnungen gemäß den Vorgaben der Lehramtszugangsverordnung erhöht haben. Das Akkreditierungsverfahren dient als Zwangsinstrument mit dem zudem massiv in das Ressort des Wissenschaftsministeriums eingegriffen wird. Da im Gegensatz zu den Schulen an den Hochschulen keine zusätzlichen Lehrveranstaltungen (Credit Points) für den zu ergänzenden ökonomischen Studienanteil angeboten wird, führt die Lehramtszugangsverordnung zu einer weiteren Verdrängung politisch-gesellschaftlicher Studieninhalte und damit zu einer Schwächung politisch-gesellschaftlicher Bildung.

Die Problematik besteht, dass Studierende und Lehrkräfte, die in ihrem zukünftigen Berufsfeld mit gesellschaftlichen  Konflikten und Problemen wie Rassismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, dem Akzeptanzverlust der Demokratie, sinkender demokratische Kommunikationsfähigkeit etc. konfrontiert werden, kaum noch die  Expertise erwerben können, um auf die gesellschaftlichen Orientierungsbedürfnisse der Lernenden fachlich, didaktisch, pädagogisch als auch persönlich adäquat reagieren zu können. Aus dem Bereich der Rechtsextremismusforschung ist bekannt, dass Lehrkräfte, die fachwissenschaftlich und fachdidaktisch unzureichend qualifiziert sind und sich unsicher fühlen, rechtsextreme, antisemitische, gruppenbezogener menschenfeindliche Äußerungen  oft „ignorieren“ oder „verharmlosen“.

Das Ministerium für Schule und Bildung fordert eine Umsetzung der Lehramtszugangsverordnung zum WiSe 2021/22 bzw. SoSe 2022 (Erläuterungen MSB Nr. 8, unpaginiert). Abgesehen davon, dass diese Fristsetzung verwaltungstechnisch/-rechtlich an den Hochschulen kaum umsetzbar ist, ist auch die Finanzierung im Bereich der sozialwissenschaftlichen Lehramtsstudiengänge ungeklärt. An einigen Hochschulstandorten besteht eine Arbeitsteilung zwischen Politik- und Wirtschaftsdidaktik (und der entsprechenden fachwissenschaftlichen Inhalte an den Fakultäten). Eine Verschiebung des Lehrangebotes erfordert kurzfristig zusätzliche Personalstellen in der ökonomischen Bildung, um das Lehrdeputat auszubauen. Weder ist die Finanzierung geklärt, noch sind Einstellungsverfahren, auch wegen des Fachkräftemangels im Bereich der sozialwissenschaftlichen Fachdidaktik, bis zum WiSe 2020/21 oder dem SoSe 2022 zu bewältigen.  Zu betonen ist, dass auch diese Entwicklung  zwangsläufig zu einer Schwächung der politischen Bildung in der Lehrkräfteausbildung und in der politischen Bildungsforschung führt.

Zu Fragen ist grundsätzlich auch, ob und welche der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten in Nordrhein-Westfalen überhaupt bereit sind, sich umfassend in der Lehrkräfteausbildung für die allgemeinbildenden Schulen zu engagieren.

Insbesondere in der ökonomischen Bildung werden die fachwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen oft/zumeist von Fachdiaktiker*innen gehalten. Zu diskutieren ist, ob die Etablierung einer Art „Pädagogischen Hochschule für die Lehrkräfteausbildung“ als Parallelstruktur an den Universitäten gewünscht ist. Neben einer weiteren Marginalisierung der Lehramtsstudiengänge an den Universitäten, tritt zudem eine Abkoppelung der fachwissenschaftlichen Lehre in den Lehramtsstudiengängen von der wissenschaftlichen Forschung ein. Das widerspricht im Grundsatz dem Gebot einer wissenschaftlich orientierten Lehrkräfteausbildung. Des Weiteren dürfte der Wechsel von bzw. zu den  Fachwissenschaftlichen- bzw. Lehramtsstudiengängen erschwert werden.

Die lehrkräfteausbildenden Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben sich mit Ausnahme der Universität Bonn kritisch zum Entwurf der Lehramtszugangsverordnung geäußert. Sie sehen einerseits den Hochschulfrieden in Gefahr, vor allem befürchten sie, dass mit „Sozialwissenschaften“ ein gut funktionierender Studiengang zerschlagen wird. Vor allem ist zu befürchten, dass durch die Lehramtszugangsverordnung ein substanzieller Qualitätsverlust in der Lehrkräfteausbildung herbeigeführt wird.

  1. Entprofessionalisierung der Lehrkräfteausbildung und Qualitätsverlust des Unterrichts

Die Argumentation der Landesregierung, dass aufgrund einer Ausweitung des ökonomischen Bildungsanteils in der Sekundarstufe I die bestehenden Studiengänge grundsätzlich reformiert werden müssen, überzeugt nicht. Seit Langem unterrichten die Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung Sozialwissenschaften in Nordrhein-Westfalen in der Oberstufe Grund- und Leistungskurse Sozialwissenschaften, zum Teil mit wissenschaftspropädeutischem ökonomischem Schwerpunkt. Das fachliche Anspruchsniveau ist hier erheblich höher als in der Sekundarstufe I. Zu betonen ist zudem, dass der Vorgänger-Kernlehrplan „Politik-Wirtschaft“ für G8 von 2007 – der u. a. überraschend in der Presse als marktkritisch kritisiert wird – von der vorherigen CDU-FDP-Landesregierung unter Schulministerin Sommer erlassen wurde und seither kaum verändert wurde. Diese Ausweitung ökonomischer Inhalte im Lehrplan gegenüber dem Lehrplan „Politik (Wirtschaft)“ aus dem Jahr 1993 war bereits erheblich und entsprach dem wichtigen Prinzip des Kontroversitätsgebotes. Seit über vierzig Jahren haben alle Landesregierungen das Studium und die Lehrbefähigung Sozialwissenschaften vorbehaltlos anerkannt, obwohl die Schulfächer Politik, Politik (Wirtschaft), Gesellschaftslehre, Sozialwissenschaften oder Politik-Wirtschaft – und am Berufskolleg Politik, Politik/Geschichte oder Politik/Gesellschaftslehre – hießen und ihre Bezeichnungen gelegentlich geändert wurden.

Die Argumentation überzeugt ebenfalls nicht mit Blick auf die Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung für die Sekundarstufe I. Sie unterrichten seit Langem u.a. an Haupt- und Gesamtschulen das Unterrichtsfach Arbeitslehre/Wirtschaft und andere Fächervarianten mit hohen ökonomischen Anteilen, auch mit Blick auf die Umsetzung der „Rahmenvorgabe Verbraucherbildung“ aus dem Jahr 2017.

Unterrichtsfächer mit einer Schwerpunktsetzung im Bereich der ökonomischen Bildung werden also seit Jahrzehnten erfolgreich von Sowi-Lehrkräften erteilt. Auch die neuen Fächerformate (KLPs 2019/2020) werden, so das Schulministerium, durch die in Dienst stehenden Kolleg*innen fachgerecht erteilt (siehe LZV-Entwurf, s. Kleine Anfrage der SPD vom 27. November 2020).

Vor allem ist zu befürchten, dass der vorgelegte Entwurf zur Lehramtszugangsverordnung zu einem substanziellen Qualitätsverlust in der Lehrkräfteausbildung führen wird, wie oben bereits in Ansätzen ausgeführt wurde.

Der Entwurf des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen sieht für angehende Lehrkräfte nur noch das Studium „soziologischer Elemente“ vor (siehe Erläuterungen MSB zu 2, § 3 Absatz 2, ohne Paginierung). Diese Forderung steht im Widerspruch zu 2019/20 in Kraft getretenen Lehrplänen, in denen explizit Inhaltsfelder benannt werden, in denen die der Domäne „Soziologie“ einen maßgeblichen Forschungs- und Erkenntnisbeitrag leistet und explizit die Dimension „Gesellschaft“ benannt wird, z. B. im Lehrplan „Wirtschaft-Politik“ für das Gymnasium: „Identität und Lebensgestaltung“, „Nachhaltige Entwicklung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“, „Medien und Information in der digitalisierten Welt“, ebenso „Soziale Sicherung in Deutschland“ (z. B. Soziale Ungleichheit). Im Lehrplan für die Gesamtschule: Identität und Lebensgestaltung, „Nachhaltige Entwicklung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“., „Beruf und Arbeitswelt“ (z. B. Berufswahltheorien, Organisationsoziologie, Arbeitssoziologie). Die Qualifizierung der Lehrkräfte für den Bereich der Berufsorientierung beispielsweise erfordert vor allem auch die Kenntnis soziologischer und (sozial-)psychologischer Theorien der Berufsorientierung (z. B. Einfluss des sozioökonomischen Hintergrunds, des Geschlechts, Prozesse institutioneller Diskriminierung).

Mit dem vom Ministerium für Schule und Bildung festgelegten Studium von „Elementen“  der Domäne Soziologie ist eine grundständige Qualifizierung der Lehrkräfte nicht mehr möglich. Hier wird mit der Lehramtszugangsverordnung von den lehrkräfteausbildenden Hochschulen eine Entprofessionalisierung der Lehrkräfte angeordnet, die zu Lasten der Professionalität der Lehrkräfte, der Unterrichtsqualität und folglich der Kinder und Jugendlichen geht, denen eine grundlegende gesellschaftliche Orientierung vorenthalten wird.

Problematisch ist, dass in den Lehrplänen, die ausgehend von einer historisch vergleichenden Curriculumforschung, bildungstheoretisch einen Rückschritt bedeuten, die Inhaltsfelder unterkomplex definiert werden, um den Lehrplänen ein „ökonomisches Profil“ zu verleihen. So wird das Inhaltsfeld „Globalisierte Strukturen und Prozesse“ auf die Dimensionen Wirtschaft bzw. Politik reduziert (Inhaltsfelder 10, 11 KLP Gymnasium bzw. Gesamtschulen, Inhaltsfeld 5 bzw. 6 KLP Realschulen) und die Dimension „Gesellschaft“, z. B. Migration, sozialer Wandel ausgeblendet. Auch die  inhaltliche Auseinandersetzung mit der Europäischen Union  wird begrenzt auf die wirtschaftliche und politische Dimension (Inhaltsfeld 9 KLP Gymnasium bzw. Gesamtschule, Inhaltsfeld 5 KLP Realschule). Europa als gemeinsamer Kulturraum, als soziale Gemeinschaft, die Idee einer europäischen Identität darf dementsprechend nicht mehr thematisiert werden. Diese vermeintliche Profilbildung und die hiermit einhergehende fachliche Verengung sind fachwissenschaftlich und vor allem bildungstheoretisch nicht zu begründen.

Empfehlung: Die DVPB NW empfiehlt nachdrücklich, die Soziologie als gleichwertige Bezugsdisziplin in den Studiengängen und in den Lehrplänen (siehe exemplarisch Inhaltsfeld 3 „Nachhaltige Entwicklung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“) festzulegen.

  1. Vernachlässigung der gesellschaftlichen Orientierungs- und Entwicklungsbedürfnisse der Lernenden und der Studierenden

International gibt es Forderungen von jungen Menschen nach mehr politisch-gesellschaftlicher Bildung, und auch die Landesschüler*innenvertretung NRW spricht sich, wie auch die Landeselternkonferenz NRW und die Landeselternschaft der Gymnasien in Nordrhein-Westfalen e. V., gegen ein Schul- und Studienfach „Wirtschaft-Politik“ aus. Sie befürchten eine weitere Verdrängung politisch-gesellschaftlicher Bildungsinhalte und  kritisieren die paradigmatische Verengung der ökonomischen Bildung in den Lehrplänen.

In der Shell-Jugendstudie 2019 werden von den Befragten die Umweltverschmutzung, Terroranschläge, Klimawandel, Wachsende Feindlichkeit zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen, Wirtschaftliche Lage und steigende Armut, Fremdenfeindlichkeit, schwere Krankheit, Krieg in Europa  sowie Arbeitslosigkeit/ keine Ausbildung als diejenigen gesellschaftlichen und persönlichen Probleme genannt, die ihnen am meisten Sorgen bereiten (Schneekloth/Albert 2019, S. 56).

Ein Großteil dieser Problemfelder wird in den Lehrplänen nicht oder unzureichend berücksichtigt, Kindern und Jugendlichen damit an Schulen kein Raum eröffnet, sich fachlich fundiert mit vielen dieser gesellschaftlichen  Probleme und Herausforderungen auseinanderzusetzen, sich zu orientieren, inhaltlich-politisch Sprachfähigkeit zu entwickeln, Ängste abzubauen und Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Vor allem Kindern und Jugendlichen in deren Familien ein negatives Politikkonzept besteht, die ihre politische Wirksamkeit als gering einschätzen und sich gesellschaftlich zurückziehen (Ansatz: Political Learning: Kroh/Könnecke 2013: 8 f.), wird so die Chance gemindert, sich als demokratisch handelnde, politischen Menschen entdecken und entwickeln zu können.

Die DVPB NW hat beispielsweise bereits im Anhörungsverfahren zu den Lehrplänen kritisch angemerkt, dass ein Inhaltsfeld „Antisemitismus, Rassismus, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ aufgenommen werden sollte. Das ist nicht erfolgt, obwohl parteiübergreifend (CDU, SPD, B90/Grüne etc.) immer wieder der Handlungsbedarf in Bildungsinstitutionen (nicht nur dort) betont wird.

  1. Verstärkung des Lehrkräftemangels

Insbesondere in der Sekundarstufe I ist „Wirtschaft-Politik“ hinsichtlich der Lehrkräfteversorgung ein Mangelfach. An vielen Hochschulen, die einen Schwerpunkt Ökonomie anbieten,, zeigt sich, dass diese Studiengangsrichtungen von den Studierenden kaum angenommen werden. Auch in der Berufschullehrkräfteausbildung könnte die inhaltliche Fokussierung dazu beigetragen haben, dass der Studiengang an den nordrhein-westfälischen Universitäten kaum noch nachgefragt wird. Es steht zu befürchten, dass der  Lehrkräftemangel durch die Lehramtszugangsverordnung verstärkt wird. Das dürfte dazu führen, dass der Anteil des „von Lehrkräften ohne Lehrberechtigung“ erteilten Unterrichts  (Schuljahr 2019/20 an Hauptschulen 79,3%, an Realschulen 61,5%, an Sekundarschulen 80,2%, an Gemeinschaftsschulen 38,5%, an Gesamtschulen 57,1% und an Gymnasien 25% (Schulministerium NRW 2020, S. 131-133) noch weiter steigen wird.

  1. Lehramt an Berufskollegs: Einschränkung der Fächerwahl

Die Möglichkeit, das Studium des Lehramts an Berufskollegs auch mit zwei allgemeinbildenden Fächern zu absolvieren, bleibt erhalten (z.B. Wirtschaftslehre/Politik und Deutsch). Diese Entscheidung begrüßt die DVPB NW.

Jedoch ist es mit Blick auf die Inklusion höchst problematisch, dass es in Zukunft im Lehramt für das Berufskolleg nicht mehr möglich sein soll, eine Fachrichtung oder ein Unterrichtsfach mit einem Förderschwerpunkt wie Lernen oder Emotionale und soziale Entwicklung zu studieren. Diese Möglichkeit besteht seit dreißig Jahren. Diese Lehrkräfte werden im Berufskolleg  dringend benötigt.

Es ist zu befürchten, dass die Förderschulkräfte nicht mehr den Weg über die Ausbildung in das Berufskolleg finden und der ohnehin bestehende Lehrkräftemangel verstärkt wird. Ein Laufbahnwechsel nach dem Staatsexamen ist schwierig, bei Abordnungen ist sind die Lehrkräfte oft nicht vollständig in das System Berufskolleg integriert, obwohl gerade Lehrkräfte mit Förderschwerpunkten sehr dringend in den Berufskollegs gebraucht werden.

Die Kombination „Wirtschaftslehre/Politik“ mit dem Förderschwerpunkt Lernen wäre beispielsweise nicht mehr möglich, obwohl Lernende mit einem Förderbedarf in der politischen Bildung oft am meisten auf zielgruppenspezifische Bildungsangebote angewiesen sind.

 

Quellen

Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (2020): 16. Kinder- und Jugendbericht. Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter. Online: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/162232/27ac76c3f5ca10b0e914700ee54060b2/16-kinder-und-jugendbericht-bundestagsdrucksache-data.pdf.

Kroh, Martin/Könnecke, Christian (2013): Arm, arbeitslos und politisch inaktiv? In: DIW Wochenbericht Nr. 42, 3-15.

Schneekloth, Ulrich/Albert, Mathias (2019): Jugend und Politik. Demokratieverständnis und politisches Interesse im Spannungsfeld von Vielfalt, Toleranz und Populismus. In: Shell Deutschland Holding (Hrsg.): Jugend 2019. Eine Generation meldet sich zu Wort. 18. Shell Jugendstudie, Weinheim, Basel, 47-101.

Schneekloth, Ulrich/Albert, Mathias (2019): Jugend und Politik. Demokratieverständnis und politisches Interesse im Spannungsfeld von Vielfalt, Toleranz und Populismus. In: Shell Deutschland Holding (Hrsg.): Jugend 2019. Eine Generation meldet sich zu Wort. 18. Shell Jugendstudie, Weinheim, Basel, 47-101.