Probeklausur
Thema
„Ist Benzin zu billig? – externe Kosten“
Aufgabenart
Analyse – Darstellung – Diskussion
Aufgabenstellung
- Analysieren Sie den vorliegenden Text unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Wirtschaftskreislauf)! [40%]
- Stellen Sie den erweiterten Wirtschaftskreislauf (HH, St, U) mit den jeweiligen Zu- und Abflüssen strukturiert dar. [30%]
- Diskutieren Sie: Ist im Benzinmarkt eine stärkere fiskalische Reglementierung (z.B. durch Steuern oder anderer Abgaben, die der Staat erhebt) sinnvoll? [20%]
Trotz Ökosteuer: Benzin ist zu billig
von Frank Drieschner
Die Vorteile des Autos, schrieb ADAC-Präsident Otto Flimm vor einigen Jahre, würden „individuell empfunden“, während „die Nachteile mehr genereller Natur sind, das heißt die Allgemeinheit betreffen.“ Diese Einsicht muss in Erinnerung gerufen werden, da sich neuer Streit um die Ökosteuer anbahnt – bloß weil Autofahrer beim Tanken dieser Tage einen Nachteil ihre Fortbewegungsweise ganz individuell empfinden. Seltsam, wie wenig Autofahrer von den Kosten des Autofahrens wissen. Dabei gibt es eine Vielzahl sorgfältiger Untersuchungen – keine Milchmädchenrechnungen, sondern deutsche Ingenieursarbeit. Im Detail mag die eine oder andere Berechnung angreifbar sein, aber am Ergebnis lässt sich nicht rütteln: Autofahrer bürden der Allgemeinheit schwere Lasten auf. Wollte man nur die Kosten von Verkehrsunfällen – für die Versorgung der Unfallopfer, Produktionsausfälle, den Verlust an Menschenleben, Gerichtsverfahren – sowie die Kosten von Lärm, Luftverschmutzung und Klimaveränderung auf den Benzinpreis umlegen, so müsste er nach einer Untersuchung über zwei Euro je Liter betragen. Auf 180 Euro pro Jahr und Einwohner schätzt eine andere Studie diese so genannten externen Kosten des Straßenverkehrs. Wenn Benzin und Diesel zu billig sind, hat das den Effekt einer umgekehrten Luxussteuer: Alle zahlen ein, wer sein Geld zurück will, muss Auto fahren – je mehr, je schnelle, desto besser. So gesehen ist das nur konsequent, dass Mittelklasseautos heute mit Motorleistungen aufwarten, wie sie noch vor zwanzig Jahren Sportwagen vorbehalten waren, dass Familien ihr Glück in der sekundenschnellen Beschleunigung von null auf hundert suchen. All die seltsamen Obsessionen der Autoliebhaber könnte man getrost als ihre Privatsache behandeln – wenn für sie nur gelten würde, was für Briefmarkensammler, Feinschmecker und Golfspieler selbstverständlich ist, dass sie die Kosten ihrer Vorlieben selbst tragen.
(aus: Die Zeit vom 5. April 2000)